Arnesen: „Titz ist ein großes Risiko“
Er war der letzte Sportdirektor des HSV, den Bernd Hoffmann in seiner Funktions als Vorstands-Boss verpflichtet hatte. Von 2011 bis 2013 arbeitete Frank Arnesen für den HSV.
Die aktuelle Situation bereitet dem Dänen große Sorgen. „Hollerbach war ein Risiko. Aber auch Titz vom U21-Coach zum Cheftrainer zu machen, ist in meinen Augen ein großes Risiko“, sagt der 61-Jährige im Interview mit SPORT1. „Hollerbachs Außendarstellung wirkte zuletzt unglücklich. Ich denke, dass er den HSV zu 100 Prozent im Herzen trägt, sonst hätte er diese schwierige Aufgabe erst gar nicht angenommen. Hollerbach hat bestimmt sein Bestes probiert. Nun muss Titz wieder bei null beginnen. Die Fans werden ihn positiv aufnehmen, weil er aus dem Verein kommt. Er wird ganz zarte Aufbruchsstimmung entfachen. Ich habe Respekt vor Titz, sich das anzutun.“
Der Absturz des Vereins habe ihn „nicht wirklich geschockt, weil es schon seit Jahren immer schwieriger wurde“. Dennoch habe er vor zwei Monaten „noch gedacht, dass der Abstieg kein Thema ist, weil ich den Kader für sehr stark hielt. Aber dann kam ein neuer Trainer, und die Wende zum Guten ist leider nicht gelungen. Die Mannschaft lebt nicht. Es wird sehr schwer. Ich habe kaum noch Hoffnung“. Die Trennungen von Heribert Bruchhagen und Sportchef Jens Todt bezeichnet Arnesen als „nur logisch, weil zwei neue Leute die nötige Zeit brauchen, um einen guten Plan für die neue Saison zu entwickeln“.
Am vergangen Sonnabend, als der HSV 0:6 bei den Bayern verlor, kamen bei Arnesen auch dunkle Erinnerungen an eigene Auftritte in München wieder hoch. „Das 2:9 werde ich nie vergessen. Das ist bis heute das schlimmste Ergebnis in meinem Fußballer-Leben. Und am vergangenen Samstag war der HSV gar nicht auf dem Platz. Das hatte nichts mit Erster Liga zu tun.“ Die These, ein Abstieg würde dem Verein guttun, hält Arnesen, der inzwischen im Aufsichtsrat der PSV Eindhoven sitzt für „Schwachsinn. In einem Klub arbeiten so viele Menschen, und ein Abstieg wäre auch für sie tragisch. Ein Abstieg ist nie gut für einen Verein. Es muss wieder der Trainer ausgetauscht werden, es gibt eine fast neue Mannschaft, ein neuer Sportvorstand muss her. Dieses Kommen und Gehen ist einfach schlimm“. Am Niedergang des HSV trage vor allem das Gremium die Schuld, das ihn im Mai 2013 vor die Tür gesetzt hatte: der Aufsichtsrat. „Die Vereinsspitze muss ruhig arbeiten und Ahnung vom Fußball haben“, sagt Arnesen. „Doch beides war beim HSV lange nicht mehr der Fall. Im Aufsichtsrat saßen in der Vergangenheit nur Selbstdarsteller. Es gab keine Philosophie über einige Jahre hinweg.“
Auch zum Aufstellen der Grabkreuze äußert er sich: „Ich bin schockiert. So etwas darf niemals passieren. Wenn jetzt Gewalt angedroht wird, geht das eindeutig zu weit. Da ist so noch nie da gewesen. Was muss der junge Jann-Fiete Arp denken? Das sind keine Fans, das sind Hooligans, also Schwachköpfe. Wenn jetzt die Spieler oder die Verantwortlichen des HSV Angst haben müssen, aus dem Haus zu gehen, dann macht das alles keinen Sinn mehr. Gerade für junge Spieler ist das ganz schlimm.“ Es sei zwar keine geeignete Maßnahme, deswegen nun auf Arp zu verzichten, „aber Titz muss wissen, dass er anfälliger ist für Fehler. Arp ist jung und muss solche Bilder jetzt verarbeiten. Schlimm. Er weiß, dass er keinen Fehler machen darf. Normalerweise soll doch so ein Junge raus auf den Platz und einfach ein Spiel genießen, dann spielt er auch befreiter. Doch mit Drohungen der Fans kann ein Profi gar nichts mehr genießen. Da wächst Angst bei Arp. Es wurde sowieso schon viel zu viel erwartet“.
Der richtige Trainer für einen Neuanfang in der Zweiten Liga wäre Pep Guardiola, wie Arnesen scherzt: „Nur er kann den HSV wieder flott machen. Nur leider kommt er nicht. Hoffmann muss zusammen mit den Leuten im Aufsichtsrat den richtigen Mann finden. Vielleicht bleibt auch Titz, wenn er das Wunder Klassenerhalt schafft. Man muss wissen, was man will - langfristig etwas aufbauen oder so schnell wie möglich wieder zurück in die Bundesliga.“