Der gesamte Volkspark verneigt sich für Aaron Hunt
Doppeltorschütze Aaron Hunt holt sich den Beifall der Fans bei seiner Auswechslung ab. (Foto: Witters)
Normalerweise tobt zu diesem Zeitpunkt der Kampf um die Endplatzierungen in der 1. und 2.
Bundesliga, doch seit einigen Wochen ist der Spielbetrieb wegen der Corona-Krise pausiert. Heute vor drei Jahren sah das noch anders aus. Am 08. April 2017 empfing der HSV in der Bundesliga die TSG Hoffenheim, den Ex-Klub von Trainer Markus Gisdol. Während die Gäste einen Platz in der Champions League ergattern wollten, ging es für den HSV ums Überleben.
Weil es auswärts einfach nicht läuft und das Spiel bei Borussia Dortmund in der Vorwoche am Ende doch noch deutlich mit 0:3 verloren ging, muss es wieder im Volkspark klappen. Seit acht Spielen ist der HSV zu Hause ungeschlagen. In der Heimtabelle befinden sich die Rothosen damit auf Platz elf – Problem nur, dass es auswärts zu gerade mal neun Punkten reichte und einzig der SV Darmstadt schlechter auf des Gegners Platz ist. Gegen Hoffenheim muss also vor 53.565 Zuschauern dringend ein Sieg her. Der HSV legt gut los. Ein wunderschön getretener Freistoß von Aaron Hunt segelt ins Torwarteck, Oliver Baumann macht einen Schritt in die falsche Richtung und ist machtlos (25.) – 1:0.
Der HSV hat in der Folge alles unter Kontrolle und bringt sich dann mal wieder selbst in Bedrängnis. Matthias Ostrzolek geht im Strafraum völlig unnötig Ermin Bicakcic zu hart an. Der Hoffenheimer nimmt das Geschenk an, Schiedsrichter Felix Zwayer entscheidet auf Strafstoß, schon der achte gegen den HSV in dieser Saison. Andrej Kramaric versenkt souverän. So geht es mit einem 1:1 in die Halbzeit, das es nicht gebraucht hätte. Hoffenheim kommt deutlich stärker aus der Pause und verpasst durch Sandro Wagner nur knapp die Führung (48.), doch das Hoch der Gäste hält nicht lange. Der HSV übernimmt nach zehn Minuten das Kommando. Es dauert bis in die 75. Minute, bis sich die Gastgeber erneut einen Vorteil erspielen können. Nach schöner Kombination mit Lewis Holtby taucht Bobby Wood frei im Strafraum auf, legt quer und Hunt schiebt zur 2:1-Führung ein.
Der Volkspark bebt und feiert ausgerechnet Aaron Hunt. Von den Fans war der Ex-Bremer immer mal wieder kritisch betrachtet worden, da er nicht an seine Leistungen aus den Vorjahren hatte anknüpfen können. Mit Bremen und Wolfsburg hatte der Mittelfeldmann noch international gespielt, beim HSV ließ er bisher oft seine Klasse vermissen. Doch an diesem Samstagnachmittag zeigt er endlich, zu welcher Leistung er im Stande ist. Er und seine Mannschaftskollegen müssen eine spektakuläre Schlussphase überstehen, in der erst Mark Uth an Christian Mathenia scheitert (88.) und nur Sekunden später ein Freistoß von Nadiem Amiri das Aluminium küsst (89.). Hunt darf sich in der dritten Minute der Nachspielzeit die Standing Ovations der Fans abholen. Unter tosendem Jubel verlässt er den Platz. Für ihn kommt Vasilije Janjicic und rettet die Führung über die Ziellinie. Die MOPO titelt am Folgetag: Riesenschritt zur Rettung
Doppeltorschütze Hunt zeigt sich nach dem Spiel überglücklich: „Ich kann mich nicht erinnern, dass ich in diesem Stadion schon mal so von den Zuschauern gefeiert wurde. Ein sehr schönes Gefühl.“ Auch Trainer Gisdol ist sichtlich erleichtert: „Ein schöner Tag. Der Sieg tut unglaublich gut.“ Die Freude ist aber nur von kurzer Dauer: Da die folgenden Spiele gegen Bremen, Darmstadt und Augsburg verloren gehen, muss der HSV bis zum letzten Spieltag zittern, an dem es zum Abstiegskrimi gegen den VfL Wolfsburg kommt. Der Ex-Wolfsburger Hunt muss das Spiel mit einer Zerrung von der Tribüne aus verfolgen. Bis kurz vor Schluss steht es unentschieden und der HSV ist auf Kurs Relegation. Doch ein später Treffer von Luca Waldschmidt rettet den HSV. Kurios: Aaron Hunt, der nach dem Spiel mit seinen Mitspielern den Klassenerhalt feiern will, wird von Ordnern am Betreten des Platzes gehindert, da diese ihn nicht erkennen. (mab)
Aufstellung HSV: Christian Mathenia – Dennis Diekmeier, Kyriakos Papadopoulos, Mergim Mavraj, Matthias Ostrzolek – Gotoku Sakai, Walace, Aaron Hunt (90.+3 Vasilije Janjicic), Lewis Holtby, Filip Kostic (81. Michael Gregoritsch) – Bobby Wood (85. Pierre-Michel Lasogga)