Heute vor fünf Jahren: Labbadia legt als HSV-Retter los
Vorstandsvorsitzender Dietmar Beiersdorfer und Peter Knäbel präsentieren den neuen HSV-Trainer: Bruno Labbadia. (Foto: Witters)
Erst vor wenigen Tagen übernahm Bruno Labbadia seinen fünften Trainerposten bei einem Bundesligisten – er unterschrieb bei Hertha BSC in der Hauptstadt. Auf sein erstes Spiel wird er wegen der Corona-Krise allerdings noch etwas warten müssen.
Vor genau fünf Jahren übernahm Labbadia auch einen Klub – und bereits vier Tage nach seiner Vorstellung beim HSV stand ausgerechnet in Bremen das erste Spiel an.
Mirko Slomka, Joe Zinnbauer und zu guter Letzt Peter Knäbel hatten versucht, den HSV aus dem Abstiegskampf zu befreien. Lediglich Zinnbauer hatte kurzfristige Erfolge feiern können, doch nach einem 0:8-Debakel in München war endgültig der Wurm drin. Von Platz zwölf stürzte der HSV auf Rang 16 ab. Dort übernahm Knäbel, eigentlich Sportdirektor – bis Saisonende, hieß es. „Es gibt keine Überlegungen in eine andere Richtung“, bekräftigte HSV-Boss Dietmar Beiersdorfer. Das war drei Tage vor der Labbadia-Vorstellung. Der Plan sah vor, dass Thomas Tuchel zur neuen Saison übernehmen sollte, der dann aber ein Engagement beim BVB vorziehen sollte.
Also klingt Beiersdorfer am 15. April 2015 auf der Pressekonferenz so: „Bruno ist ein leidenschaftlicher Kerl, der anpacken kann. Das wollen wir auch von unseren Spielern sehen.“ Das Drängen des Aufsichtsrats auf eine neue Lösung scheint einen Umschwung bei den Bossen bewirkt zu haben. Knäbel, der in seinen beiden Spielen (0:1 gegen Berlin und ein hoffnungsloses 0:4 in Leverkusen) alles andere als überzeugt hat, soll Platz machen. Für Labbadia. Und der heuert bereits das zweite Mal in Hamburg als Trainer an. Er stand zudem schon als Nachfolger für den zum Saisonbeginn geschassten Mirko Slomka zu Diskussion. Die Entscheidung fiel damals auf Zinnbauer.
Kaum ist Labbadia im Amt, werden direkt kritische Stimme laut. „Eigentlich möchte ich dazu gar nichts sagen. Aber ich halte es für bedenklich, einen Trainer zu verpflichten, der bei einem Klub schon einmal gescheitert ist, weil er die Ziele nicht erreicht hat“, sagt beispielsweise HSV-Legende Ditmar Jakobs. Auch Klub-Ikone Uwe Seeler äußert sich zurückhaltend: „Ich habe das zur Kenntnis genommen und drücke die Daumen – auch wenn sie schon wehtun.“ Allerdings hat Labbadia auch Fürsprecher. Trainerkollege Felix Magath („Ich freue mich, dass die Führung des HSV sich entschieden hat und mit Bruno Labbadia doch noch einen neuen Trainer holte“) oder Ex-HSV-Profi Tolgay Arslan („Die beste Entscheidung!“) sehen die Neuverpflichtung positiv.
Die erste Maßnahme des Trainers ist ein Kurztrainingslager. „Wir stellen alles zurück auf null. Ich kann nicht verändern, was in der Vergangenheit war. Wichtig ist ein klarer Plan. Über diesen soll die Mannschaft Halt bekommen“, erklärt der neue Trainer sein Idee. Im ersten Spiel greift diese allerdings noch nicht. Das Derby, das spielerisch kaum Highlights bietet, verliert der HSV durch einen späten Elfmeter mit 0:1. Die Kritik wird sofort lauter.
Fünf Spieltage vor Schluss steht der HSV auf dem letzten Platz, doch Labbadia schafft zur Überraschung vieler den Turnaround. Siege gegen Augsburg (3:2) und Mainz (2:1) katapultieren den HSV auf Platz 14. Eine Niederlage am vorletzten Spieltag gegen Stuttgart lässt die Rothosen auf Platz 17 in die letzte Runde starten. Gegen Schalke muss ein Sieg her. Ivica Olic und Slobodan Rajkovic machen diesen möglich. Der HSV gewinnt 2:0, im Parallelspiel verliert Freiburg gegen Hannover mit 1:2. Der HSV ist zum zweiten Mal in Folge in der Relegation.
In einem dramatischen Rückspiel beim Karlsruher SC rettet Marcelo Diaz den HSV schließlich mit seinem bei HSV-Fans legendären Freistoßtor in die Verlängerung, dort lässt Nicolai Müller den HSV-Fanblock vor Erleichterung explodieren. Auch Labbadia ist nach dem entscheidenden 2:1 nicht mehr zu halten. Tatsächlich schafft er es in der Folgesaison, dem HSV seinen Plan zu vermitteln. Einzig nach dem ersten Spieltag steht der HSV auf einem Abstiegsrang. Der Rest der Saison verläuft sorgenfrei, zwischendurch darf man sogar von der Europa League träumen. Am Ende reicht es für Platz zehn.
Wer jetzt auf eine Steigerung hofft, sieht sich getäuscht. In der Saison 16/17 ist bereits nach fünf Spieltagen Schluss für Labbadia. Der HSV rettet sich am letzten Spieltag gegen Wolfsburg, die in die Relegation müssen. Auch das nächste Jahr der Wölfe droht in der Bedeutungslosigkeit zu enden. Also setzt man ab Spieltag 24 auf Bruno Labbadia. Statt nach oben geht die Reise erstmal nach unten. Zum zweiten Mal muss auch der VfL in die Relegation, erneut setzt sich Labbadia durch.
In seiner ersten kompletten Saison gelingt ihm etwas, das ihm wohl niemand zugetraut hätte. Nicht nur hält er die Wölfe aus dem Abstiegskampf, in einem starken Endspurt stürmt der VW-Klub sogar auf Platz sechs. Wolfsburg spielt wieder international. Allerdings ohne Labbadia, der aufgrund von Unstimmigkeiten mit Manager Jörg Schmadtke entlassen wird. Eigentlich will er sich ein Jahr Auszeit nehmen, doch daraus wird nichts. Während der Corona-Krise beerbt er Alexander Nouri in Berlin. Der Hauptstadtklub befindet sich nach dem Intermezzo von Jürgen Klinsmann im kompletten Chaos. Ob Labbadia dies meistern wird, wird die Zukunft zeigen. (mab)