HSV-Brasilianer Nando: BVB-Dreierpack und schimmelnde 100.000 Dollar
Heute vor 29 Jahren traf HSV-Stürmer Nando dreifach gegen den BVB. (Foto: Witters)
Auf den Tag genau vor 29 Jahren wirbelte der Brasilianer Nando durch den Volkspark. Im Alleingang schoss er den HSV zum Sieg.
Es waren drei Tore, die seinen Status als Fan-Liebling festigten. Doch wer war dieser Stürmer, der ein Jahr zuvor den Schritt aus Brasilien in die Bundesliga gewagt hatte – und später noch einmal mit viel Geld für Aufsehen sorgen sollte?
Der 24-jährige Fernando Pereira de Pinho Junior – kurz „Nando“ – wechselt in der Winterpause 1990 von Flamengo Rio de Janeiro nach Hamburg. „Ich nahm im Sommer 1989 mit meinem Klub Flamengo an der Seite des großen Zico am 'Hafen-Turnier' teil, das anlässlich des 800. Geburtstags des Hamburger Hafens organisiert wurde. Als 'Special-Guest' spielten wir gegen den HSV und St. Pauli. Mir gelang in beiden Partien jeweils ein Treffer“, blickt er weit nach seinem Karriereende im Gespräch mit „11 Freunde“ auf diese Zeit zurück. So wird man in der Hansestadt auf den jungen Stürmer aufmerksam und verpflichtet ihn schließlich im Winter der Saison 89/90.
Das Lob eilt ihm voraus. Leverkusens Jorginho, der einst mit Nando bei Flamengo kickte, sagt: „Der ist so gut, der wird es überall schaffen!“ Er selbst behauptet auf Nachfrage von Reportern, der HSV würde den zweiten Platz belegen. Tatsächlich ist der HSV Vierzehnter. Nando braucht etwas Zeit, um sich zurechtzufinden. „Die größte Schwierigkeit stellte die Sprache dar. Ich verstand nur Bahnhof bei meiner Ankunft. Ein Dolmetscher begleitete mich sechs Monate lang, ich lernte in Hamburg lebende Brasilianer kennen. Diese Umstände halfen ungemein.“
Auf dem Platz muss er sich jedoch zunächst mit Händen und Füßen verständigen – und das mit Erfolg. Gleich im ersten Spiel, bei einem 6:0 über Bayer Uerdingen, knipst er doppelt. „Mein erstes Spiel in der Startelf des HSV am 22. Spieltag der Saison 1989/1990 war unbeschreiblich: Die Fans empfingen mich im Volksparkstadion so herzlich, dass ich mich direkt wie zu Hause fühlte. Ich hatte mir einen guten Start gewünscht, aber auf Anhieb zwei Tore. Wahnsinn“, schwärmt er noch Jahre später.
Das erste halbe Jahr ist allerdings noch nicht der ganz große Durchbruch. Vier Tore in elf Spielen werden den großen Erwartungen nach dem Debüt nicht ganz gerecht. „Nach einer intensiven Vorbereitung unter Trainer Gerd-Volker Schock kamen wir in der Saison 1990/1991 immer besser in Schwung. Thomas Doll zog im Mittelfeld die Fäden und fütterte Jan Furtok und mich mit seinen Traumpässen. Zusammen machten wir 31 Treffer und schossen den HSV in den UEFA-Cup.“ Elf Treffer davon gehen auf das Konto des Brasilianers, der auch häufig als Joker sticht. Drei seiner Treffer erzielt er am 17. April 1991 im Heimspiel gegen den BVB: Mit einem 4:0 schickt der HSV die Borussen auf die Rückreise. Doch die Freude ist nur von kurzer Dauer.
Thomas Doll wechselt im Sommer 1991 nach Italien zu Lazio Rom und zusätzlich beendet HSV-Legende Manfred Kaltz seine Karriere. „Diese Abgänge konnten wir nicht kompensieren und landeten am Ende der Saison 1991/1992 auf einem enttäuschenden 12. Platz.“ Nando trifft nur noch zweimal und kann lange nicht an seine Leistungen aus der Vorsaison anknüpfen. Gefrustet wechselt er zurück in seine Heimat. „Beim HSV hat man mich fertig gemacht“, lässt er dort verlauten. Rückblickend sieht er seinen Wechsel als Fehler: „Als junger Mensch denkt man mit dem Herzen und nicht mit dem Verstand“, erklärt er im „11 Freunde“-Interview. Es wird still um den einst so hochgejubelten Stürmer. Bereits mit 30 Jahren beendet er seine aktive Laufbahn. Er kehrt zwar nicht mehr nach Deutschland zurück, aber sorgt dennoch für Aufsehen in seiner alten Heimat.
Laut Zeitungsberichten soll Nando – aus Misstrauen gegenüber den Banken und der Steuerbehörde – 100.000 Dollar in seiner Hamburger Wohnung einbetoniert haben. Bei der Abreise habe er dann lediglich verschimmelte Scheine aus der Wand gezogen. Heute kann Nando über diese Geschichte lächeln. „Diese Story werde ich wohl mit in mein Grab nehmen. Leider muss ich Sie aber enttäuschen: Sie ist erstunken und erlogen. Mit meinem Geld weiß ich besseres anzufangen.“ (mab)