- 27.04.2020

HSV-Wut: „Der Schiri hat die Meisterschaft entschieden!“


Auch der beherzte Einsatz von HSV-Keeper Martin Pieckenhagen konnte die Niederlage nicht mehr verhindern. (Foto: Witters)

Ein Ende der unterbrochenen Saison ist noch lange nicht abzusehen, selbst ein Abbruch kann aufgrund der Corona-Krise immer noch nicht ausgeschlossen werden. Heute vor 18 Jahren stand in der Bundesliga der vorletzte, der 33. Spieltag an. Borussia Dortmund gastierte beim HSV. Wie schon im Vorjahr sollte der Meisterschaftskampf im Volkspark eine entscheidende Wende nehmen – beim HSV fand man schnell einen Hauptverantwortlichen dafür.

Während sie beim HSV schon an den Saisonausklang denken, stehen die Dortmunder an diesem 27. April 2002 unter Hochspannung. Der BVB ist erster Verfolger von Tabellenführer Leverkusen. Ein Punkt trennt die beiden Teams, der HSV hat mit der Meisterschaft wenig zu tun. Auf Platz elf ist nicht mehr viel drin für die Rothosen, die trotzdem einen guten Fight aufs Feld bringen keine Gastgeschenke verteilen wollen. Fighten tut auch BVB-Coach Matthias Sammer, allerdings etwas zu viel. Bereits nach 17 Minuten wird er auf die Tribüne verbannt. Ein erster Jubelschrei aus dem Dortmunder-Block hallt nach 23 Minuten durchs Stadion: Leverkusen liegt in Nürnberg zurück! Auf dem Feld rennen die Schwarz-Gelben an.

Nach einer Balleroberung im Mittelfeld geht es schnell. Sebastian Kehl steckt durch auf MarcioAmoroso, der wird im Strafraum gelegt. Die Proteste des HSV helfen nicht, Schiri Herbert Fandel entscheidet auf Strafstoß für den BVB. Obendrauf gibt es noch zum Entsetzen der HSV-Anhänger den Platzverweis für Ingo Hertzsch. Amoroso verwandelt den Elfmeter und es brodelt im Stadion (36.). Nur zwei Minuten später der Doppelschlag. Nach Zuspiel von Amoroso ist Thomas Rosicky frei vor HSV-Keeper Martin Pieckenhagen und versenkt – 0:2 (38.). Doch wer glaubt, dass sich der HSV jetzt aufgibt, sieht sich getäuscht.

Nach einer Ecke springt Christian Wörns Sergej Barbarez mit voller Wucht in den Rücken. Ein Zusammenstoß, nach dem keiner von beiden Weiterspielen kann. Barbarez muss mit einem Jochbeinbruch ausgewechselt werden, Wörns mit Gelb-Rot unter die Dusche. Den fälligen Elfer verwandelt Raphael Wicky – nur noch 1:2 und noch vor der Pause neue Hoffnung für die Gastgeber (42.). Die nach Wiederanpfiff einen starken Dämpfer erleiden. Zunächst wertet Fandel das üble Einsteigen von Otto Addo gegen Bernd Hollerbach nur mit Gelb (46). Dann gibt es wenig später Freistoß auf der Gegenseite. Der abgeblockte Versuch von Amoroso landet erneut vor den Füßen des Stürmers. Im zweiten Anlauf macht er es dann besser und versenkt trocken aus 16 Metern – 1:3. Dortmund ist erneut oben auf (63.).

Doch die Hamburger lassen sich nicht hängen. BVB-Keeper Jens Lehmann segelt unter einer Ecke hindurch, der Ball landet über Umwege bei Nico-Jan Hoogma, der aus fünf Metern einnetzt, der HSV ist auf einmal wieder voll da (80). Aber erneut gelingt es den Hamburgern nicht, den Ausgleich zu erzielen. Nach starkem Zusammenspiel von Rosicky und Amoroso schiebt Jan Koller zum 2:4 ein und lässt damit die Hoffnung auf einen Punktgewinn platzen (87.). Das letzte Wort hat dann aber Erik Meijer, der mit einem traumhaften Schlenzer in der letzten Minute erneut verkürzt – 3:4. Der Jubel auf Dortmunder-Seite nach Schlusspfiff ist groß, der Frust auf beim HSV erreicht ein ähnliches Level: „Fandels Leistung war indiskutabel, er hat die Meisterschaft entschieden“, schimpft Sportchef Holger Hieronymus. „Als Mannschaft waren wir kein Stück schlechter“, urteilt der verärgerte HSV-Trainer Kurt Jara. „In der neuen Saison müssen auch aus solchen Spielen Punkte her“, fordert der Coach.

Der HSV wird am Ende Elfter, der BVB kann die Tabellenspitze am letzten Spieltag verteidigen und holt den Titel. Nach mehereren Jahren Tristesse gelingt dem HSV im Folgejahr tatsächlich der Turnaround. Die Rothosen erreichen UEFA-Cup-Quali, da die Mannschaft es endlich schafft, konstant zu zeigen, dass sie auch mit den Top-Teams mithalten können. (mab)

 

Aufstellung HSV: Martin Piekenhagen – Ingo Hertzsch, Nico-Jan Hoogma, Tomas Ujfalusi – Milan Fukal (69. Collin Benjamin), Raphael Wicky (81. Marcel Ketelaer), Bernd Hollerbach, Martin Groth, Sergej Barbarez (43. Roda Antra) – Erik Meijer, Bernardo Romeo.

Tore: 0:1 Amoroso (36./Elfmeter), 0:2 Rosicky (38.), 1:2 Wicky (42./Elfmeter), 1:3 Amoroso (63.), 2:3 Hoogma (80.), 2:4 Koller (86.), 3:4 Meijer (90.).

Platzverweise: Hertzsch (35./Notbremse) / Wörns (42./wiederholtes Foulspiel).