- 25.05.2020

HSV-Legende Uli Stein: „Ich glaube, das werde ich nicht mehr erleben”


Foto: Witters

Es ist bis heute der größte Tag in der Vereinsgeschichte des HSV. Am 25. Mai 1983, also heute vor 37 Jahren, kommt es zum Finale des Europapokals der Landesmeister, der heutigen Champions League. Neben dem mit Weltstars gespickten Team von Juventus Turin ist auch der HSV nach Athen ins Olympia Stadion gereist, um den Kampf um den Henkelpott zu bestreiten. Der BFC Dynamo, Olympiakos Piräus, Dynamo Kiew und schließlich auch Real Sociedad hatten den Rothosen bereits weichen müssen.

Es ist das Spiel von David gegen Goliath. Die Italiener unter der Regie von Trainer Giovanni Trapattoni begeisterten mit spektakulärem Fußball und gelten als großer Favorit. Der HSV spielt ebenfalls eine beachtliche Saison. In der Liga führt man die Tabelle an und hat somit die Titelverteidigung fest im Blick. Gegen Turin kann man der Saison die Krone aufsetzen. Entgegen der Erwartungen legt der HSV munter los. Nach acht Minuten spielt Jürgen Groh im Mittelfeld auf Felix Magath, der mit Tempo auf dem Strafraum zu geht. Ein angetäuschter Schuss lässt seinen Gegenspieler ins leere Springen, an der Strafraumkante zieht der Mittelfeldmotor der Hamburger dann ab. Unhaltbar für Dino Zoff im Tor der Turiner senkt sich das Geschoss in den Winkel – 1:0!

Der HSV hat jetzt Oberwasser. Nach einer Ecke bringt ein Dropkick von Manfred Kaltz fast den zweiten Treffer, doch in höchster Not kann ein Verteidiger das Leder noch von der Linie kratzen. Juve wehrt sich. Immer wieder segeln flanken in den Strafraum der Hamburger, doch ein gut aufgelegter Uli Stein hält den Kasten sauber und treibt die Truppe rund um Michel Platini zur Verzweiflung. Noch vor der Pause erhöht der HSV – denken alle. Nach einem schönen Pass von Jürgen Milewski durch die Abwehrreihe der Italiener ist Wolfgang Rolff frei durch und schiebt ein – doch noch bevor groß gejubelt wird, geht die Fahne des Assistenten hoch. Abseits, es bleibt beim 1:0.

Mit voller Leidenschaft kämpft der HSV auch im zweiten Durchgang. Die in rot gekleidete Mannschaft von Trainer Ernst Happel schmeißt sich in jeden Ball und beackert den Kontrahenten aus Italien permanent. Nicht nur defensiv bietet der HSV eine Glanzleistung, auch offensiv lässt die Mannschaft immer wieder blicken. So verfehlt ein Volley von Felix Magath aus gut 20 Metern das Tor nur knapp. Der Frust bei der alten Dame wächst minütlich: Vorne kauft der HSV ihnen den Schneid ab und hinten droht es mehrfach zu klingeln. Erneut ist es Felix Magath, der knapp vergibt, dieses Mal freistehend vor Torwartlegende Zoff. Doch wenige Minuten später ist Schluss. Die Hamburger recken die geballten Fäuste in den Himmel und brüllen ihre Freude heraus, die Turiner sinken geschockt zu Boden.

„Ich wäre am liebsten nach einer Stunde rausgegangen“, erzählt ein genervter Michel Platini. HSV-Coach Happel spricht dagegen von seiner wohl „größten Stunde als Trainer“. Die er zwei Wochen später noch mit der Meisterschaft vollendet. Der Jubel kennt keine Grenzen in der Hansestadt. 37 Jahre später sieht das anders aus. Uli Stein, einer der Finalhelden, spricht davon, dass der HSV „Lichtjahre” von einem Triumph wie 1983 entfernt ist. „Ich glaube, das werde ich nicht mehr erleben”, erzählt der Ex-Keeper dem „SID”. Tatsächlich sieht der Alltag beim HSV Zweite Liga anstelle von Champions League vor, aber zumindest die „kleine Meisterschaft” ist ja noch im Bereich des Möglichen. (mab)

Aufstellung HSV: Uli Stein – Manfred Kaltz, Ditmar Jakobs, Holger Hieronymus, Bernd Wehmeyer – Jürgen Groh, Wolfgang Rolff, Lars Bastrup (56. Thomas von Heesen), Felix Magath – Jürgen Milewski, Horst Hrubesch

Tor: 1:0 Magath (8.)