- 02.04.2020

Heute wie damals: Der große Kampf um die Nummer eins im HSV-Tor


Foto: Witters
Im Sommer verpflichtete der HSV Daniel Heuer Fernandes und eröffnete damit den Wettkampf um den Platz zwischen den Posten. Aktuell ist Heuer Fernandes die Nummer eins vor Julian Pollersbeck – ob das so bleibt, ist offen.
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Schon vor 14 Jahren sorgte der HSV mit einem Duell auf der Torwartposition für Aufsehen. Mitten im Kampf um die Europa-Plätze wechselte Trainer Thomas Doll damals seine Nummer Eins: Sascha Kirschstein beerbte Stefan Wächter.
Am 2. April 2006 gastiert der HSV auf Schalke. In einem umkämpften Spiel, welches mehr Nickligkeiten als Fußball zu bieten hat, muss der Schalker Rafinha bereits nach einer guten halben Stunde wieder duschen gehen. Für einen Griff ins Gesicht von Rafael van der Vaart sieht er glatt Rot. Auch der HSV hält dagegen, Nigel De Jong, seit der 14. Spielminute mit Gelb verwarnt, wandelt mehrfach am Rande einer Gelb-Roten Karte. Zwischen dem Getrete gibt es tatsächlich auch einige Chancen. Für Schalke rettet die Latte nach einem Schuss von Sergej Barbarez, Frank Rost pariert gegen Benjamin Lauth. Auf der Gegenseite muss Sascha Kirschstein bei einem Freistoß von Marcelo Bordon zupacken. Für Kirschstein ist es der vierte Auftritt im HSV-Dress als Nummer Eins. Vorgänger Stefan Wächter hatte Coach Doll nicht mehr überzeugen können. Nach einer 0:2-Niederlage im UEFA-Cup gegen Rapid Bukarest, bei dem auch der Keeper keinen glücklichen Tag erwischte, wechselt Doll in der laufenden Saison die Rangordnung seiner Schlussmänner. Kirschstein wusste die Chance zu nutzen und auch gegen Schalke ist er zur Stelle, wenn er gebraucht wird. Mit einer souveränen Leistung trägt er seinen Anteil dazu bei, dass es mit einem 0:0 in die Halbzeit geht. Der zweite Durchgang beginnt mit einem Doppelwechsel bei den Hamburgern: Piotr Trochowski und der stark Gelb-Rot-gefährdete de Jong verlassen das Feld, dafür kommen René Klingbeil und Winterzugang Ailton. Der HSV spielt geduldig, kommt aber nicht zu vielen Chancen. Die Gastgeber kämpfen weiterhin mit allen Mittel. In der 57. Minute besorgt dann van der Vaart die Führung. Ein Freistoß, der wohl eher als Flanke gedacht war, segelt an Freund und Feind vorbei und schlägt im langen Eck ein. Das Spiel bleibt in der Folge ruppig, das Niveau sinkt weiter. Chancen sind Mangelware. Zehn Minuten vor Schluss bietet sich dann aber Ailton die Möglichkeit. Nach schönem Zusammenspiel mit Lauth taucht der Brasilianer frei vor Rost auf und beweist Nervenstärke. Abgezockt schlenzt er das Leder am Schlussmann vorbei – es ist die Vorentscheidung. Die Erleichterung nach dem Schlusspfiff ist groß: „Das war ja zunächst kein Fußballspiel, das war ein Gemetzel! Zwischendurch dachte ich schon, es wäre besser, wenn der Schiedsrichter abbricht“, erzählt ein erschöpfter Bastian Reinhard nach dem Spiel, der nach langer Verletzung erneut einen starken Job in der Abwehr gemacht hat. Daher befindet auch Keeper Kirschstein: „Es war so, als wäre Basti nie weg gewesen.“ Mit dem Sieg über Schalke setzt sich der HSV auf sieben Punkte von den Nicht-Champions-League-Plätzen ab. Die MOPO titel am Folgetag: „Fahrkarte Königs-Klasse fast gelöst!“ Der spätere Meister Bayern ist bereits davongezogen. Am letzten Spieltag verliert der HSV den zweiten Platz noch an Werder Bremen. Im direkten Duell setzten sich die Bremer mit 2:1 im Volkspark durch, auch weil dem Ex-Bremer Ailton vor dem leeren Tor die Nerven versagen. Der HSV erreicht über den Umweg der Qualifikationsrunde schließlich doch noch die Champions League. Im Tor steht auch da zunächst Kirschstein, der den für den Sommer neu ausgerufenen Kampf um den Stammplatz für sich entscheidet. Doch die Freude hält nur kurz. In der Champions League sieht er gegen Arsenal einen Platzverweis – zwar unberechtigt, wie später auch die TV-Bilder beweisen, denn Robin van Persie hebt ohne Berührung des HSV-Keepers ab. Trotzdem verunsichert ihn die Szene nachhaltig. Von hinten macht zudem der degradierte Wächter auch verbal Druck. Doll hält zunächst an Kirschstein fest und setzt Wächter nach dessen Forderung auf einen Stammplatz sogar für ein Spiel auf die Tribüne, aber am Ende sind es zu viele Fehler, die Kirschstein macht. Doll schwenkt erneut um und setzt auf Wächter. Doch auch dessen Freude ist nur von kurzer Dauer. Im Winter verpflichtet der HSV Frank Rost von Schalke 04. Es ist das Ende für Kirschstein. Sein letztes Spiel für den HSV bestreitet er bei der 1:3-Niederlage in der Champions League gegen Porto. Insgesamt läuft er wettbewerbsübergreifend 33 Mal für die Rothosen auf. Anfangs wird er als große Hoffnung gefeiert, zum Ende als nicht nervenstark genug abgeschrieben. Im Sommer 2007 wechselt er zu Fürth. Nach mehreren Stationen in Liga zwei zieht es ihn 2015 nach Rumänien, wo er allerdings nach 20 Spielen für ACS Poli Timisoara zurück nach Deutschland wechselt. Ein Jahr läuft er für Rot-Weiß Essen auf, dann beendet er seine Karriere. (mab) Aufstellung HSV: Sascha Kirschstein – Mehdi Mahdavikia (71. Alexander Laas), Guy Demel, Bastian Reinhardt, Thimothee Atouba – Nigel de Jong (46. Ailton), David Jarolim, Piotr Trochowski (46. René Klingbeil), Rafael van der Vaart – Sergej Barbarez, Benjamin Lauth