- 14.05.2019

Boss Hoffmann: „Es geht um ein Systemversagen!“

Foto: Witters

Das Saisonziel hat der HSV verfehlt. Schon vor dem letzten Spiel am Sonntag im Volkspark gegen Absteiger MSV Duisburg steht fest, dass der Klub auch in der nächsten Saison in der Zweiten Liga antreten muss. In den vergangenen Wochen hat er geschwiegen, jetzt meldet sich Bernd Hoffmann zu Wort. Bei einer Pressekonferenz im Volkspark sprach der HSV-Boss über …

… seine Gefühle nach dem Paderborn-Spiel: Wir haben den überflüssigsten Nicht-Aufstieg der Fußball-Geschichte zu verdauen. Das lässt niemanden kalt. Es geht dabei um ein Systemversagen. Mir geht es immer noch schlecht.

… die Situation des Trainers: Wir werden mit Hannes Wolf sprechen, nicht über ihn. Die Analyse, warum es in dieser Saison nicht zum Aufstieg gereicht hat, betrifft alle Abteilungen.

… personelle Konsequenzen: Die gibt es heute nicht zu vermelden.

… die Gründe des Versagens in der Rückrunde: Ich habe mir – wie sicher jeder Fan und Mitarbeiter auch – viele Gedanken gemacht und schlaflose Nächte hinter mir. Wir müssen jeden einzelnen Stein umdrehen. Das Versagen hat auch mit einzelnen Personen zu tun, aber im Winter ist das ganze Sportsystem kollabiert.

… die letzten HSV-Jahre: Wir sind seit Jahren im permanenten sportlichen Krisen-Modus, der dann üblicherweise im Austausch einzelner Personen endet. Das macht es dann kurzzeitig besser, sorgt für eine gewisse Erholung, aber das hat eindeutig dauerhaft keinen Effekt gehabt. Da müssen wir uns jeden einzelnen Bereich anschauen und analysieren.

… die Mannschaft: Ich weiß nicht, ob es schon einmal so eklatante Unterschiede zwischen einer Hin- und Rückrunde gegeben hat. Es gibt keinen einzigen Spieler, der in der Rückrunde die Leistung gebracht hat, die er in der Hinrunde gebracht hat. Da mag jeder ein eigenes Thema gehabt haben, ob mental oder medizinisch, ein Vertragsthema. Das werden wir jetzt in aller Klarheit analysieren und die notwendigen Schritte einleiten, damit wir insgesamt auf ein anderes Niveau kommen. So wird das nichts.

… die finanzielle Situation und einen möglichen Absturz: Das Schicksal anderer Traditionsklubs droht dem HSV auf keinen Fall. Wir haben den Verein wieder wirtschaftlich gut aufgestellt und die Lizenz ohne Probleme für beide Ligen bekommen. Wir haben Einigung mit Herrn Kühne erzielt, die Fan-Anleihe platziert. Wir werden auch in der nächsten Saison in der Lage sein, einen der zwei, drei Top-Kader in der Liga zu finanzieren und auch wirtschaftlich handlungsfähig sein.

… geplante Veränderungen: Auf das Budget zu schauen, ist aus meiner Sicht viel zu kurz gesprungen. Wir haben am Sonntag in Paderborn mit einem Kader, der 27 Millionen Euro kostet, gegen einen Kader, der zwischen elf und zwölf Millionen Euro liegt – und waren unter dem Strich chancenlos. Erfolg ist allein mit wirtschaftlichen Rahmenbedingungen nicht zu erklären.

… die Zukunft von Hannes Wolf: Natürlich sitzt der Trainer mit im Boot, wie jeder andere auch, da nehme ich mich auch nicht aus. Wir werden die Situation in aller Ruhe, aber auch ganz zügig analysieren – denn in vier, fünf Wochen ist schon wieder Trainingsauftakt. Da werden wir die aus unserer Sicht notwendigen Entscheidungen treffen, die nötig sind, damit wir wettbewerbsfähig sind. Diese Gespräche werden wir jetzt führen.

… die jüngste Kritik von Klaus-Michael Kühne: Neben der Tatsache, dass Herr Kühne sich wirtschaftlich massiv für den HSV engagiert, ist er auch ein Riesenfan. Da steht ihm jede Meinung zu, davon können wir unsere unternehmerischen Entscheidungen aber nicht abhängig machen. Daran wird sich auch in Zukunft nichts ändern. Wir sind unabhängig, eigenständig – und tragen dann auch die Verantwortung. Wenn er sich öffentlich mal äußert, geht die Welt nicht unter.

… seine Verantwortung in der Krise: Wir müssen nun auch ertragen, nach diesem Spiel in Paderborn und dieser Rückrunde insgesamt, diesem halben Jahr, was wir abgeliefert haben, dass Fans, Mitglieder, Partner, Investoren alle das Recht haben, ihre Meinung zu äußern. Ob uns das passen mag oder nicht.

… die frühen Bekenntnisse des Vorstands zu Trainer Wolf: Es ist jetzt nicht die Frage, wer wann irgendetwas gesagt hat, das ist zweitrangig. Wir müssen diesen Kreislauf irgendwann mal durchbrechen, dass wir permanent alles reduzieren auf den Trainer. Das ist aus meiner Sicht Unsinn.

… das Spiel gegen Duisburg: Es ist der Abschluss der Saison und wir wollen das vernünftig gestalten. Wenn der eine oder andere sagt, dass er sich das nicht mehr antut und möglicherweise sein Ticket zurückschickt, dann müssen wir auch das ertragen. Das haben bisher nicht viele gemacht. Einige kamen zurück, aber fast ebenso viele haben neue Karten gekauft.

… die HSV-Fans: Die Begeisterung, die Art und Weise, wie die Fans zu uns stehen, ist unfassbar. Das war eindeutig der Bereich, der mit Abstand am Bundesliga-tauglichsten war. Das ist ein absolutes Phänomen und welche Energie da entwickelt wird, ist einzigartig. Daraus entsteht für uns die Verantwortung, in jedem Bereich eine Schippe draufzulegen. So reicht es nicht.

… mögliche Verluste von Arbeitsplätzen: Wegen anderer wirtschaftlicher Rahmendaten muss sich niemand Gedanken machen. Aber jeder muss sich selbst hinterfragen, ob er bereit ist, den Einsatz zu zeigen, um den Laden wieder auf ein anderes Level zu heben. Ganz besonders im Sport – da müssen wir liefern.

… einen härteren Führungsstil: Es geht darum, dass sich jeder voll einbringt in diesem knallharten Wettbewerb Profifußball. Wir können es uns nicht erlauben, den HSV an der einen oder anderen Stelle als Wohlfühloase zu sehen. Da muss jeder Einzelne eine Schippe drauflegen.

… Berichte, dass er beim Aufstieg eine Prämie von 500.000 Euro kassiert hätte: Richtig ist, dass ich – wie jeder einzelne Mitarbeiter hier auch – eine Prämie bei sportlichem Erfolg erhalten hätte. Die Zahl ist allerdings falsch – sie ist niedriger.

 

 

 

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